Der Evonik-Standort Lülsdorf: von damals bis heute



Vor genau 110 Jahren wurden die Deutsche Wildermannwerke, chemische Fabriken GmbH 1912 gegründet. Ein guter Grund, in den nächsten Wochen in einer Serie an die Highlights der Geschichte des Evonik Standorts Lülsdorf zu erinnern. Arbeitskräfte für die Kali- und Natriumelektrolyse fehlten damals. Nach aktiver Anwerbung wuchs die Belegschaft am Rhein jedoch schnell und bezog die neuen Siedlungen. Schon 1919 entstand eine Einrichtung für gesellschaftliche Veranstaltungen. Ein Jahr später gründete sich der Männergesangverein, der nun seit 102 Jahren besteht.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Im Ersten Weltkrieg produzierte das Werk Lülsdorf neben den Elektrolyse-Produkten unter anderem Kaliumchlorat für die Sprengstoff-Herstellung. Dr. Meyer-Wildermann, Chemiker und ein Gründer des Werks, schied gegen Kriegsende aus, nachdem er sich geweigert hatte, die von ihm erfundenen, mit hochwertigem Gummi ausgekleideten Zellen durch die günstigeren Siemens-Billiter-Zellen zu ersetzen.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Als sich der Stinnes-Konzern 1920 grundlegend umstrukturierte, wurde die Lülsdorfer Fabrik Teil der „Koholyt AG“. Das Schleifmittel Korund wurde ab 1925 für lange Zeit zum erfolgreichsten Produkt. Nach Hugo Stinnes‘ Tod 1924 brach der zahlungsunfähige Konzern auseinander. Das Werk Lülsdorf gelangte später als Teil der Koholyt AG in den Besitz des damals größten deutschen Zellstoff- und Papier-Unternehmens: die Feldmühle AG.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ein einschneidender Namenswechsel erfolgte zum Jahresende 1959, als die Feldmühle AG einen bedeutenden Anteil an der „Dynamit Aktiengesellschaft vorm. Alfred Nobel & Co.“ erwarb. Das Werk Lülsdorf wurde in einen neuen Produktionsverbund integriert, was 1962 auch gesellschaftsrechtliche Folgen hatte: Das von der Feldmühle AG verpachtete Werk hieß fortan „Dynamit Nobel AG, Werk Feldmühle Lülsdorf“.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Für den Polyvinylchlorid-Hersteller Dynamit Nobel war die Chlorelektrolyse der Lülsdorfer besonders wertvoll, da fortan das bisher zugekaufte Monomer Vinylchlorid selbst produziert wurde. Ab 1963 stellte man auch 1,2-Dichlorethan, ein Vorprodukt für Vinylchlorid, her. Das dazu nötige Ethylen aus der Raffinerie in Wesseling wurde durch ein Rohrleitungsbündel in einem Düker unter dem Rhein ins Werk Lülsdorf transportiert.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Ablösung von der Grundstoff-Produktion begann in Lülsdorf bereits 1953/54, als man die Forschung an Alkali-Alkoholaten als Folgeprodukte der Elektrolyse aufnahm. Produktionsstart war 1957. Ab 1962 wurden die Alkoholate zu den heute noch produzierten Orthoestern Trimethylorthoformiat und Triethylorthoformiat weiterverarbeitet. Aus dem Dynamit Nobel-Werk Witten kam 1967 die Produktion des Polyester-Vorprodukts Dimethylterephthalat hinzu. Das Werk Lülsdorf erreichte zu diesem Zeitpunkt die weiteste Ausdehnung seiner Produktpalette.
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

1968 erwarb Dynamit Nobel von der Feldmühle AG das bisher gepachtete Werk, das fortan als „Dynamit Nobel AG, Werk Lülsdorf“ firmierte. 1988 kam es über die Vereinigte Elektrizitäts- und Bergbau AG (VEBA) zusammen mit dem Chemieteil der Dynamit Nobel AG an die Hüls AG und firmierte bis 1999 unter dem Namen „Hüls AG, Werk Lülsdorf“. Seit September 2007 ist das Werk Lülsdorf ein Standort von Evonik Industries.